Was ist denn nun "Nachhaltigkeit"?

Es scheint, als würde man dem Begriff Nachhaltigkeit an jeder Ecke begegnen. Er ist in seiner Bedeutung sehr vielseitig und flexibel einsetzbar und lässt seine Benutzer auch meist in einem positiven Licht erscheinen – trotz seiner beinahe inflationären Verwendung in den letzten Jahren.

Doch was meint Nachhaltigkeit eigentlich? Irgendeine verantwortungsvolle Haltung, ein bisschen ökologisch und bio, oder eh alles nur Marketing und nichts dahinter, mag man im ersten Impuls denken.

 

Aber es steckt eine sehr breite und überlegte Betrachtungsweise dahinter, auf die sich auch #lovethemountains festlegen möchte. Diese hat ihren Ursprung im Bereicht „Our Common Future“ der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, der 1987 vorgeschlagen wurde. Darin ist „nachhaltige Entwickung […] Entwicklung, die die Bedürfnissen der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ [1]

 

Kerngedanke dabei war, dass Armut langfristig nicht mit Maßnahmen bekämpft werden könne, die zugleich die natürliche Umwelt stark belasten.  

 

Die Grundsätze der Nachhaltigkeit

Das lässt Spielraum zur Auslegung und Interpretation, worum sich viele Disziplinen in den darauffolgenden Jahren bemüht haben. Heute besteht der Konsens, dass eine Entwicklung nur dann nachhaltig sein kann, wenn sie zugleich drei Dimensionen in einem langfristigen Zusammenhang bedenkt: Sozialverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Naturverträglichkeit.

 

 

·         Sozialverträglichkeit – Schaffen eines Governance-Systems mit einem Wertesystem, das die Wünsche der betroffenen Menschen respektiert gesellschaftliche Nachhaltigkeit

z.B. langfristiger Erhalt einer lokalen Identität (wie etwa Kultur, Zusammenhalt, Wohlbefinden!

 

·         Wirtschaftlichkeit – Schaffen eines gewissen Lebensstandards für alle Menschen à wirtschaftliche Nachhaltigkeit

z.B. langfristige Steigerung der Wirtschaft und Wertschöpfung

 

·         Naturverträglichkeit – Einhaltung der Grenzen der Biosphäre und der Tragfähigkeit natürlicher Systeme à ökologische Nachhaltigkeit

z.B. langfristige Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Natur, wie die Selbstregulierungsfähigkeit, Artenvielfalt oder des Landschaftbildes[2]

 

Diese Bereiche aufeinander abzustimmen und negative Tendenzen für eine dieser Sparten zu vermeiden ist die große Herausforderung bei der Planung nachhaltiger Maßnahmen.

 



[2]   ROBINSON, J. (2008): Squaring the circle? Some thoughts on the idea of sustainable development. In: S. PAGE und J. CONNELL (Hg.): Sustainable Tourism. Critical Concepts in the Social Sciences. Volume I Evolution and context of sustainable tourism. London: Routledge, S. 151–175 - vgl. S. 16f

BIEGER, T. (2006): Tourismuslehre - Ein Grundriss. 2. Aufl. Bern; Stuttgart; Wien: Haupt. – vgl. S. 280

 

 

Nachhaltigkeit als politisches Handeln

Sichtbar wird nachhaltige Entwicklung vor allem auch auf der ökonomischen und der politischen Ebene: Ökonomisch ist der Nachhaltigkeitsgedanke wichtig, da die Natur Grenzen für das unbeschränkte Wachstum aufweist – diese Idee formulierte auch schon John Stuart MILL im Jahr 1873. Im politischen Kontext vereint Nachhaltigkeit zwei Prozesse, bei denen verschiedene Gruppen von Menschen über andere Gruppen und die natürliche Umwelt dominieren, nämlich Umweltkonflikte und Umweltmanagement. [4] In diesem Zusammenhang ist die Nachhaltigkeit auch im Sinne weniger als wissenschaftliches Konzept als ein politisches Handeln zu verstehen.[5]

 

Kritik

Wesentliche Kritikpunkte am Konzept der Nachhaltigkeit in diesem Sinne sind:

 

·         Keine klare Definition
·         Falscher Gebrauch des Begriffs
·         Ungleiche Konzentration von ökologischem und ökonomischem Fokus
·         Schwierigkeit zu messen oder zu vergleichen
·         Nachhaltigkeit als Bekämpfung von Symptomen

 

Warum am Konzept der Nachhaltigkeit festhalten

Nachhaltigkeit meint immer einen Entwicklungsprozess – im Moment ist sie nicht erkennbar, denn erst mit den weiteren Folgen und der Weitsicht des Handelns wird sie funktionieren. Natürlich sind Entwicklungen – gerade in Zeiten, in denen sich die Gesellschaft und die Politik rasant ändern – nicht eindeutig vorherzusehen, aber gewisse Parameter lassen sich ableiten. Durch das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ist es möglich, einen holistischen Zugang sowie den Ansatz der Verteilungsgerechtigkeit in die Gestaltung unserer Zukunft miteinzubeziehen.

 

 

„The environment is often an arena of conflicting interests and needs. If the concept of sustainable development is to prove useful it must help us make difficult choices, rather than simply occupy the high moral ground.“ [6]

 



[4] REDCLIFT, M. (2008): The Meaning of Sustainable Development. In: S. PAGE und J. CONNELL (Hg.): Sustainable Tourism. Critical Concepts in the Social Sciences. Volume I Evolution and context of sustainable tourism. London: Routledge, S. 118–131 - vgl. S. 127f

[5] ROBINSON, J. (2008): Squaring the circle? Some thoughts on the idea of sustainable development. In: S. PAGE und J. CONNELL (Hg.): Sustainable Tourism. Critical Concepts in the Social Sciences. Volume I Evolution and context of sustainable tourism. London: Routledge, S. 151–175 - vgl. S. 170

[6] REDCLIFT, M. (2008): The Meaning of Sustainable Development. In: S. PAGE und J. CONNELL (Hg.): Sustainable Tourism. Critical Concepts in the Social Sciences. Volume I Evolution and context of sustainable tourism. London: Routledge, S. 118–131 – S.122

 

 


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